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Timothy LeDuc und Ashley Cain-Gribble gewannen bereits zweimal die US-Meisterschaft.

© imago images/AFLOSPORT

Erste nicht-binäre Person bei den Winterspielen: Timothy LeDuc will Stereotype durchbrechen und Mut machen

Timothy LeDuc tritt in Peking als erste nicht-binäre Person an und will andere damit ermutigen. Insgesamt gehen 35 offen queere Athlet*innen an den Start.

Wenn Timothy LeDuc in Peking über das Eis gleitet, Pirouetten dreht und Partnerin Ashley Cain-Gribble in die Luft hebt, möchte LeDuc vor allem eines: eine olympische Medaille holen. Mit Cain-Gribble gewann LeDuc bereits zweimal die US-Meisterschaft, nun treten sie beim Eiskunstlauf für die USA an.

Aber hinter der Teilnahme an den Olympischen Winterspielen verbirgt sich noch ein weiterer Wunsch, denn LeDuc ist die erste nicht-binäre Person, die sich für die Olympischen Winterspiele qualifiziert hat. LeDuc möchte Geschlechterstereotype brechen, die gerade im Leistungssport noch sehr präsent sind, und anderen Athlet*innen zukünftig den Weg ebnen. „Als offen nicht binäre-Person hoffe ich, dass es anderen queeren Personen im Eiskunstlauf hilft, die Angst davor haben, sie selbst zu sein oder Sorge haben, dass potenzielle Partner*innen deshalb nicht mit ihnen laufen wollten“, sagte LeDuc in einem Interview mit der ARD-Sportschau.

LeDuc selbst habe den Druck, der auf Personen im Sport lastet, die sich weder als männlich noch als weiblich identifizieren, auf jeden Fall gespürt und möchte diesen von anderen Athlet*innen nehmen „Weil wir darüber sprechen, können wir mehr Menschen dazu bringen, zu verstehen, dass mit LGBT-Personen nichts falsch ist, dass wir es verdienen, gefeiert zu werden“, betont LeDuc.

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Bereits bei den Sommerspielen in Tokio war die erste offen nicht-binäre Person überhaupt bei Olympia angetreten: Quinn vom kanadischen Fußball-Nationalteam der Frauen holte die Goldmedaille und schrieb damit Sportgeschichte. Insgesamt war Tokio für Team Regenbogen ziemlich erfolgreich: Wären alle offen queeren Sportler*innen als eigene Nation angetreten, hätten sie im Medaillenspiegel sogar Rang sieben belegt, noch vor Deutschland und Italien.

Offenheit scheint es vor allem in zwei Sportarten zu geben

Ähnlich erfolgreich könnte es in Peking laufen, wo mindestens 35 offen queere Athlet*innen teilnehmen werden, also doppelt so viele wie 2018. Eine Liste der Athlet*innen hat das US-Magazin „Outsports“ veröffentlicht, das auf LGBTI-Sportberichterstattung spezialisiert ist. Auffällig ist dabei: Offenheit scheint es vor allem in zwei Sportarten zu geben, nämlich im Eiskunstlauf und im Eishockey. Auf beide entfallen insgesamt zwei Drittel der Sportler*innen. Im Eishockey (11) sind es dabei nur queere Frauen, im Eiskunstlauf (10) fast ausschließlich queere Männer, im Paarlauf ist mit Timothy LeDuc zudem eine nicht-binäre Person am Start.

Timothy LeDuc will mit der Teilnahme an Olympia andere Athlet*innen ermutigen.

© imago images/ITAR-TASS

Die wohl bekanntesten geouteten Sportler*innen kommen dennoch aus anderen Sportarten. Die Eisschnellläuferin Ireen Wüst (Niederlande) ist mit bisher elf Medaillen eine der höchst dekorierten Olympionikinnen überhaupt. Wüst ist mit einer Teamkameradin verlobt, hält sich öffentlich allerdings mit Äußerungen zu LGBTI-Themen eher zurück. Umso öfter setzt sich Gus Kenworthy dafür ein (Ski-Freestyle), der früher für die USA und inzwischen für Großbritannien antritt. Er schrieb unter anderem Geschichte, als er 2016 vor seinem Wettkampf seinen damaligen Freund vor laufender Kamera küsste – der erste gleichgeschlechtliche Olympia-Kuss, der live in die US-Wohnzimmer übertragen wurde.

Aus Deutschland ist übrigens kein*e LGBTI-Wintersportler*in im Olympia-Team bekannt. Es war schon bei den Sommerspielen auffällig, dass es hierzulande immer noch vergleichsweise schwierig ist. Ein Zeichen dafür, dass Akzeptanz und Toleranz im deutschen Profisport eher nur Lippenbekenntnisse sind.

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Homosexualität ist in China zwar legal, allerdings gesellschaftlich gerade in den älteren Generationen nur wenig akzeptiert. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist verboten und queere Paare dürfen keine Kinder adoptieren. Außerdem gibt es keinerlei rechtlichen Schutz vor Diskriminierung für LGBTI-Personen. Queere Themen werden im öffentlichen Raum tabuisiert, insbesondere in Filmen und Serien. Das zeigte sich zuletzt, als China kurz vor Beginn der Winterspiele die Dating-App Grindr aus den Appstores entfernte, die besonders von Schwulen genutzt wird. Begründet wurde das damit, dass die Regierung gegen „Gerüchte, Pornografie und andere illegale Inhalte im Netz vorgehen“ wolle.

Für trans Menschen und nicht-binäre Personen ist die Lage in China noch schwieriger, insofern dürfte Timothy LeDucs Teilnahme ein wichtiges und ermutigendes Zeichen setzen.

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